Alles in Echtzeit: Gehirnverstopfung durch Nachrichtenflut

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Nachrichtenflut - Bildquelle: pixabay.com

Angeblich ist das Gehirn ein gleichermaßen wundersames wie leistungsstarkes Organ – wenn man es richtig nutzt.

Gleich nach dem Aufwachen geht es los: Ein Griff nach dem Smartphone, und schnell bei Google News reingeschaut, was ich letzte Nacht verpasst habe, während ich schlief. Und Google ist so freundlich, gleich für mich zu entscheiden, was besonders wichtig ist.

Denn standardmäßig ist in der App die Einstellung „Für Dich“ aktiviert, die mir News anzeigt zu Themen, von denen Google annimmt, dass sie mich besonders interessieren. Will ich ein eher allgemeines Bild der Nachrichtenlage haben, muss ich erstmal auf „Headlines“ klicken und sehe dann eine Sortierung, die ebenfalls von Google stammt, aber offenbar meine vermeintlichen Interessengebiete nicht bevorzugt darstellt.

Im Laufe des Tages kommt aus dem Smartphone immer wieder mal ein leises „Plimplim“ und signalisiert mir, dass wieder mal etwas passiert ist. Weil mein Innenleben zum überwiegenden Teil von Neugier bestimmt ist, strecke ich sofort die Hand nach dem Gerät aus, um die Push-Nachricht zu lesen. Manchmal, wenn mir mal wieder bewusst wird, wie sehr ich mich von den „Plimplims“ ablenken und aus dem Takt bringen lasse, zuckt meine Hand zurück, womöglich sogar mehrmals – bevor sie dann doch nach dem Quälgeist greift.

Und für was? Natürlich um zu erfahren, dass bei Hannover ein Zug steckengeblieben ist, Netflix eine neue Serie anbietet oder Google Maps dringend auf meine Erfahrungen mit einem Speiselokal angewiesen ist, das ich vor vier Jahren einmal besucht habe.

Im Laufe des Tages sauge ich so unzählige Informationen auf, die in Wirklichkeit kein Mensch braucht. Manchmal wundere ich mich selbst, dass ich ob der Überflutung mit Echtzeit-Infos die Namen meiner Enkelkinder noch nicht vergessen habe. Denn Speicherplatz ist bekanntlich stets begrenzt, und mein Gehirn ist ja auch nicht mehr das jüngste.

In meiner Naivität habe ich dann versucht, der Flut durch die Deaktivierung ganz offensichtlich besonders nutzloser Nachrichtenquellen Herr zu werden; ich habe Portale mit besonders aggressivem Clickbaiting rausgeworfen und solche, die mir jeden Tag mehrmals mit „Busenblitzern“ von Lena Meyer-Landrut auf die Nerven gingen. Damit waren die meisten Boulevard-Zeitungen eliminiert. Aber es blieben immer noch zahlreiche Nachrichten-Produzenten übrig, die mich bis zum Schlafengehen auf Trab halten.

Dazu gehören letztlich auch installierte Apps und verschiedene Websites (ich nutze selbst das Pushen von Informationen auf verschiedenen eigenen Portalen). Das Ganze summiert sich zu einer wahren Überflutung mit Nachrichten aller Art. Bei den allermeisten hätte es wirklich nicht geschadet, wenn ich sie erst am nächsten Tag erhalten hätte. Oder gar nicht.

Moment mal – es macht gerade „Plimplim“… Könnte ja was Wichtiges sein…

Alles gut. Samira lässt ausrichten, sie bedürfe meiner Aufmerksamkeit, weil ihr Auffangbehälter voll ist. Samira ist unser Saugroboter.

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