Kolumne: Deutsche Sprache, schwere Sprache: Profi-Texter mit Defiziten

Sprachverständnis mangelhaft
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Wenn Sprachverständnis und die Sicherheit im Umgang mit Rechtschreibung und Grammatik zu wünschen übrig lassen

Gut möglich, dass sich der Vertriebschef des Dating-Portals „elite-partner.de“ jeden Morgen verwundert die Augen reibt, wenn er die Neuanmeldungen durchsieht, weil sich zwar etliche Arzthelferinnen, Bäckereifachverkäuferinnen und Berufskraftfahrer registriert haben, aber nur wenige Ärztinnen, Architekten und Rechtsanwälte.

Wenn das so ist, dann hat das einen Grund: Es liegt an der Werbung. Denn ob Online-Inserate, Fernsehspots oder auf der Website des Portals selbst – allüberall traktieren uns die Hamburger Kuppler mit ihrem Werbeslogan, der da verkündet, man halte seine Dienste für „Akademiker und Singles mit Niveau“ bereit. Offenbar ist niemandem bei elite-partner.de bisher aufgefallen, dass damit ständig alle Hochschulabsolventen beleidigt werden, sagt die Botschaft doch nichts anderes, als dass man Akademiker für niveaulos hält. Das unscheinbare Wörtchen „und“ sorgt ganz eindeutig für eine Unterscheidung zwischen ihnen und „Singles mit Niveau“. Vielleicht bemüht man sich ja mal um einen Elite-Texter.

Dieses kleine Beispiel zeigt, über wie wenig Sprachverständnis manche Schreiberlinge wirklich verfügen. Nun wird niemand ernsthaft erwarten, dass hinter jedem, der sich Sachen wie „Geiz ist geil“ ausdenkt, ein promovierter Germanist stecken muss. Aber es scheint, dass manche selbst erkannt haben, wo es hapert, und sicherheitshalber ins Englische ausweichen. Wenn ein deutscher Fernsehsender deutschsprachige Zuschauer mit dem Spruch „Colour your life“ anlocken will (SAT1 von 2009 bis 2012), dann ist das schlicht ein Armutszeugnis. Verstanden hat das ohnehin nur die Hälfte derer, die gemeint waren. Auch von SAT1 war „Powered by emotion“. RWE warb mal mit „One Group. Multi Utilities.“, Esso mit „We are drivers too“. Die Drogeriekette Douglas forderte zum „Come in and find out“ auf. Nicht wenige verstanden das als „Komm rein und find‘ wieder raus“.

Hoffentlich finden auch die Werbe-Profis bald wieder raus. Und zwar aus ihrem verenglischten Irrgarten. Die scheinen allen Ernstes zu glauben, mit solchen Mätzchen potentielle Kunden beeindrucken zu können. Was uns blüht, wenn sie sich wieder aufs Deutsche verlegen? Stilblüten wie die eingangs beschriebene haben immerhin einen gewissen Unterhaltungswert. Auch dann, wenn sie falsch geschrieben werden.

Denn es hat, vermutlich auch unter dem Einfluss der zunehmende Anglifizierung, auch die Rechtschreibung arg gelitten. Die Sache mit dem falsch verwendeten Apostroph zum Beispiel begegnet uns überall, von Zeitungsanzeigen über Webseiten und Prospekte bis hin zur fest installierten Leuchtreklame von „Mona’s Haar Stübchen“. Mona bleibt dankenswerter Weise bei Deutsch, statt ihren Laden „Mona’s Hair Room“ zu nennen. Dafür hat sie den Amerikanern den Apostroph geklaut und die Rechtschreibung gleich mit. Denn am häufigsten zu beobachten, davor sind selbst renommierte Pressesprecher nicht gefeit, ist die Verwendung der englischsprachigen Schreibweise von zusammengesetzten Substantiven (also zusammengesetzten Hauptwörtern, wie Volksschüler wie ich noch gelernt haben, oder Komposita für Schlaumeier mit Abitur). So wird die Sofortreparatur zur „Sofort Reparatur“, wer mit Schneeräumen dran ist, steht auf dem „Plan für den Winter Dienst“, und die „Stadt Bücherei“ wartet so mancherorts auf Leser.

Das Zusammenschreiben von Substantiven oder die Verbindung mittels Bindestrich haben ihre Berechtigung, denn so werden missverständliche Auslegungen unterbunden und der Lesefluss unterstützt. Ein Mobilfunkanbieter lag mit dem Slogan „24 Monate ohne Grund Gebühr“ nämlich ziemlich daneben und hatte den Heiterkeitserfolg bestimmt nicht kalkuliert. Für alle, die es mal ganz genau wissen wollen, hält Wikipedia einen aufschlussreichen Artikel bereit. Quintessenz: Die deutsche Sprache kennt keine Leerzeichen in Komposita – einige Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel.

Weil Konfusion und Verwirrung ihnen noch nicht ausreichten, haben Sprachwissenschaftler uns 1996 eine Rechtschreibreform beschert, die danach noch zweimal überarbeitet werden musste. Es gibt nun eine Vielzahl an Kann-, Soll- oder Darfregeln, die, wie mancher meint, die deutsche Rechtschreibung der Beliebigkeit ausliefern. Vor allem bei den Älteren ist die Verwirrung seither groß. Das können jüngere Leser, die in der Schule aufgepasst haben, wohl leicht schon an diesem Text erkennen. Wenn es aber noch einige fundamentale Festlegungen gibt, dann sollten wir die nicht auch noch durch plumpe Übernahme von unpassenden Gepflogenheiten aus dem Englischen entsorgen. Und Profi-Texter mit Defiziten gehören in die Volkshochschule. Als Teilnehmer im Deutschkurs, versteht sich, nicht als Dozenten.

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