Noch zweimal schlafen …

WM Brasilien © drubig-photo - Fotolia.com

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… dann hat die deutsche Nationalmannschaft alle Chancen auf den Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft.

Lange nicht mehr war die Chance für eine deutsche Nationalmannschaft so groß, das Turnier um die Weltmeisterschaft im Fußball zu gewinnen. Vor allem nach dem unglaublichen 7:1-Erfolg gegen die als hohe Favoriten gehandelten Brasilianer quellen die Superlative nur so heraus aus nationalen und internationalen Medien-Organen.

Fest steht jedenfalls, dass diese Mannschaft es verdient hätte, Weltmeister zu werden. Übermorgen wissen wir mehr – noch zweimal schlafen also. Die Wochen vor dem Endspiel waren wie ein lange andauerndes Fest für alle Freunde des Runden, das ins Eckige muss.

Jeden Tag Fußball – das gibt’s nur alle vier Jahre bei der WM. Klar, kaum jemand käme außerhalb dieser Zeit auch nur im Entferntesten auf die Idee, sich zu nachtschlafender Zeit Fußballspiele unter Beteiligung von Uruguay, Costa Rica, Kolumbien und Mexiko anzusehen.

Aber während einer WM ist das alles anders. Die allmähliche Entwöhnung beginnt mit den Achtelfinalspielen; jetzt wird der Turnus länger, lassen spielfreie Tage so manchen ins Grübeln darüber verfallen, was er mit den urplötzlich auftauchenden Zeitfenstern jetzt anstellen soll. Kaum zu glauben, dass das bis vor ein paar Wochen der Dauerzustand war. Was haben wir da bloß abends um zehn gemacht?

Während die Abstände größer werden, ergibt sich Gelegenheit, auf das bisher erlebte WM-Geschehen zurückzublicken. Als Erstes kommen einem da die Schiedsrichter in den Sinn. Weil jeder popelige Verband seine Vertreter der schwarzen Zunft hinschicken darf, kommt es vor allem im Frühstadium einer jeden Weltmeisterschaft zu grottenschlechten Schiedsrichter-Leistungen. Diesmal fing das schon im Eröffnungsspiel an, und die Kroaten hatten auszubaden, dass Brasilien wohl unbedingt protegiert werden sollte.

Oder die neue Torlinientechnik: Zwar selten wirklich gebraucht, war es doch gut zu wissen, das es sie jetzt gibt. Und natürlich der Rasierschaum, mit dem die Schiedsrichter die Position und den Abstand der Mauer bei Freistößen markiert haben. Anfangs mokierte sich der Fernseh-Kommentator noch über die Zeit, die damit verschwendet werde. Was für ein Quatsch! Die Zeit, die bisher für das Stellen der Mauer verplempert wurde, war deutlich länger – und außerdem darf jeder Schiedsrichter eine Nachspielzeit festlegen. So musste keinem Spieler eine gelbe Karte verabreicht werden für seine Versuche, den Neun-Meter-Abstand mit irgendwelchen Tricks zu verkürzen.

Apropos Fernseh-Kommentator: Der stark verdichtete Konsum von Ballsport brachte es mit sich, dass ARD und ZDF dem Ereignis üppige Sendezeit zumaßen. Gut so, grundsätzlich zumindest. Unverständlich bleibt, warum hochbezahlte und, sollte man meinen, mit solidem Fachwissen ausgestattete Sportjournalisten der permanenten Untersützung durch so genannte Experten bedürfen.

Vor jedem Spiel und auch danach haben Mehmet Scholl und Oliver Kahn stundenlang ihren Senf zu allem und jedem dazu gegeben. Wobei Mehmet Scholl wirklich gut zu ertragen ist und manch Erhellendes, Engagiertes und Wichtiges beizutragen wusste, während mir Oliver Kahn einfach nur auf die Nerven geht. Ich mag weder seine Persönlichkeit, die wie vom Ehrgeiz vergangener Jahre zerfressen scheint, noch seine Intonation, noch seine Ausdrucksweise und Wortwahl.

Während der Übertragung vor einem“ Halbfinale habe ich einmal angefangen, zu zählen, wie oft er „sehr, sehr“, „viele, viele“ oder sogar „sehr, sehr, sehr“ sagt. Bei dreißig wurde es mir zu blöd. Der Mann glaubt anscheinend selbst nicht, dass das, was er sagt, auch nur irgendeine Bedeutung hat, weshalb er unentwegt eine Übertreibung an die andrere reiht und die andauernd verwendeten Superlative permanent wiederholt, damit überhaupt jemand wahrnimmt, was er so erzählt. Wenn „viele, viele“ Stürmer permanent ins Abseits gerannt sind – meine Güte: Jede Mannschaft hat davon höchstens zwei oder drei. Und was ist denn im allgmeinen die Entsprechung für „viele, viele“? Irgendwas in Richtung Tausend, Hunderttausend oder gar Millionen.

Besonders schlimm wird es, wenn der hauptamtliche Moderator diesen Schwachsinn dann auch noch nachplappert. Und „sehr, sehr gut“ wird überhaupt nichts dadurch, dass Oliver Welke den Papagei gut.

Auf dem anderen Kanal turnt Matthias Opdenhövel über die Terrasse mit Blick auf die Copa Cabana, den ich schon nicht leiden konnte, als er noch Stadionsprecher in Mönchengladbach war. Das Beste daran war, dass er nur alle zwei Wochen auftauchte und man ihn nicht aushalten musste, wenn man Borussia bei Sky verfolgte und nicht im Stadion, weshalb nicht so viele Leute mitbekamen, dass auch Opdenhövels Scherzversuche mangels irgendeiner Humorbegabung regelmäßig danebengehen.

Mir persönlich wäre eine Kombination mit vertauschten.Gesichtern recht gewesen, also Welke / Scholl und Opdenhövel / Kahn, wenn denn schon unbedingt Gebührengeld für diese „Experten“ durch den Schornstein gejagt werden muss. Dann hätte ich mich nur jeden zweiten Tag ärgern müssen, etwas stärker noch, als jetzt, aber eben nicht mehr täglich. Aber auf mich hört ja sowieso keiner.

Darum will ich jetzt erst gar nicht anfangen, auch noch auf Béla Réthy zu schimpfen oder mich darüber aufzuregen, dass gestandene Sportkommentatoren im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht einmal im Stande sind, einen schlichten Plural zu erkennen, wenn sie Formulierungen absondern wie „die USA hat …“ oder „die Niederlande will …“. Wie jemand so ohne jedes Sprachgefühl auf einen derart populären Posten gelangt, ist mir schleierhaft.

So ätzend das auch alles ist – mir ist es letztendlich recht egal, wer das Endspiel kommentiert. Hauptsache, „wir“ werden Weltmeister!

Auf geht’s, Tschland!

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