Viscomp, Euroweb und erfundene Erlebnisse

Seit der zwangsweisen Übernahme der Blog-Domain nerdcore.de schwappt eine Solidaritäts- und Empörungswelle durch das Web

Zu Euroweb, so erfuhr ich durch die sich seit vorgestern rasant vermehrenden kritischen Kommentare in Blogs, sozialen Netzwerken und Internetforen, gehören verschiedene Firmen. Da sind zunächst einmal die Euroweb Internet GmbH und die Euroweb Marketing GmbH. Außerdem gibt es eine Webstyle GmbH und eine Maxclip GmbH, Die Euroweb-Stiftung widmet sich wohltätigen Zwecken, und man engagiert sich in der Sportförderung.

Bei aller Kritik an Euroweb geht es im wesentlichen immer darum, dass von recht unlauteren Vertriebsmethoden berichtet wird.

Und ebenfalls zu Euroweb gehört auch die Firma Viscomp. Als ich das hörte, erinnerte ich mich an die Geschichte, die ein mir bekannter Website-Betreiber vor gut drei Jahren erlebte. Dieser Bekannte möchte nicht genannt werden und legt Wert auf die Feststellung, dass seine Erlebnisse frei erfunden und mangels entsprechender Zeugen sowieso nicht beweisbar sind und er um Gottes Willen nicht behauptet, dass es tatsächlich so war.

Aber nun zur frei erfundenen Geschichte. Es geht, wie schon gesagt, um den Betreiber einer Website. Der unterhielt ein Branchen-Internetportal, über das Interessenten und Anbieter bestimmter Dienstleistungen zueinander finden konnten. Die Interessenten konnten über das Portal online Angebote berechnen die Preise der verschiedenen in dem Portal registrierten Anbieter miteinander vergleichen. Mit ihren monatlichen Beiträgen finanzierten Sie dem Betreiber die Kosten für die Online-Werbung mit Google Adwords. Um genau zu sein, gingen dafür nahezu die kompletten Einnahmen drauf.

Entsprechend hellhörig wurde ich, als ich eines schönen Tages den Anruf einer Mitarbeiterin der Firma Viscomp erhielt. Die bot mir an, den Erfolg meiner Adwords-Kampagne deutlich zu verbessern und gleichzeitig die Kosten zu senken. Das war ja genau das, was ich dringend brauchte. Und so verabredete ich mich mit der Viscomp-Mitarbeiterin zu einem Gespräch.
Die kam dann auch ein paar Tage später, stellte sich als Frau P. vor und machte mir ein verlockendes Angebot: Da ich in einer besonders interessanten Branche tätig sei, wäre Viscomp bereit, mein Projekt in ein «Referenz-Programm» aufzunehmen, was für mich bedeute, dass ich nur den halben Kostensatz zu zahlen habe. Viscomp würde das Projekt dann für Werbe- und Demonstrationszwecke gegenüber anderen Interessenten einsetzen.

Damit nicht genug: Da Viscomp über ein höchst professionelles Know How und sogar eine direkte Schnittstelle zu Google verfüge, könne für mich eine dermaßen optimierte Kampagne gestartet werden, dass ich mindestens doppelt so viele Besucher über Adwords erhalten würde wie vorher mit meiner eigenen, aber fast doppelt so teuren Kampagne. Sie illustrierte das alles mit anschaulichen Berechnungen und Zeichnungen, so dass keinerlei Raum mehr blieb für Zweifel an dem Erfolg der Aktion.

Der Haken: Ich musste mich gleich entscheiden, weil sonst womöglich ein anderer den Platz im «Referenz-Programm» wegschnappen würde. Und so entstand eine Zusammenarbeit, die mich 600 Euro im Monat kosten sollte, zuzüglich einer Abschlussgebühr von 300 Euro. Die Mindestlaufzeit wurde zunächst auf drei Monate beschränkt.

Die bisherige Adwords-Kampagne habe ich also vereinbarungsgemäß ausgesetzt, und Viscomp übernahm mit all seinen Fach- und Sachkenntnissen und seiner Google-Schnittstelle das Kommando über meine Internetwerbung.

Schon nach wenigen Tagen begann ich mich zu wundern, dass statt der bisher gut 100, manchmal sogar mehr als 150 Besucher, die über Google Adwords zu meinem Portal fanden, im Tagesdurchschnitt nicht mal mehr 20 kamen. Ich googelte meine markantesten Suchbegriffe, fand aber die Adwords-Anzeige zunächst nicht auf den Ergebnisseiten. Erst wenn ich zehn-, zwanzig- oder dreißigmal weitergeblättert hatte, konnte ich die Annonce sehen, die auf mein Portal verwies.

Kein Wunder also, dass die Besucher ausblieben. Ich schrieb nach zwei Wochen erstmals an Viscomp, um Auskunft darüber zu bekommen, woran das liegen könne. Keine Antwort. Nach einer weiteren Woche schrieb ich an die Viscomp-Geschäftsführung und erläuterte den Fall. Gleichzeitig kündigte ich den Vertrag, bat um sofortige Aufhebung. Keine Antwort. Dafür gingen die ersten Rechnungen ein. Erst als ich drohte, keine Zahlung zu leisten und die Einzugsermächtigung widerrief, kam Post von Viscomp.

Man lehnte eine sofortige Vertragsaufhebung ab, wies entschieden den Vorwurf zurück, die vereinbarten Leistungen nicht erbracht zu haben und behauptete, die Anzeige sei mit dem wichtigsten Suchbegriff «gut zu finden». Zum Nachweis wurde ein Ausdruck der Suchergebnisse übersandt. Die vertragsgemäße Kündigung wurde akzeptiert.

Ich hatte, nachdem binnen der ersten zwei Wochen bereits einige meiner damals rund fünfzig Kunden die Teilnahme am Portal mangels entsprechender Kundenanfragen aufgekündigt hatten, meine eigene Kampagne wieder gestartet. Denn ich hatte drei Jahre an der Entwicklung des Portals gearbeitet und wollte nicht riskieren, dass es auf diese Weise darniederging.

Nach drei Monaten war die Zusammenarbeit beendet. Fazit: Die Spezialisten von Viscomp hatten erreicht, dass die Besucherzahlen aus Adwords um mehr als 75 Prozent zurückgingen. Jeder Klick, der dennoch zustande kam, war viereinhalbmal so teuer wie die Adwords-Kosten pro Klick vor und nach der Nutzung des qualifizierten Fachwissens der «Spezialisten». Zudem musste die eigene Kampagne bezahlt werden.

Nachdem das alles vorbei war, kam ein neuer Brief von Viscomp. Man bat um Nachsicht für die verspätete Antwort, bestritt aber alle Vorwürfe und insbesondere wies man Vorwürfe, man sei unseriös und hätte mich arglistig getäuscht, «entschieden zurück». Allerdings bedauerte man, dass ich mir einen größeren Erfolg versprochen habe, und behauptete, dass ein solcher auch weder zugesichert worden sei noch, «wie bei Werbemaßnahmen allgemein üblich, zugesichert werden konnte». Schließlich verwies man darauf, dass Viscomp seinen vertraglichen Verpflichtungen vollständig nachgekommen sei.

Mit all dem hat Viscomp recht, sagt mein Bekannter. Denn im Vertrag steht von den Dingen, die er von Frau P. angeblich erzählt bekam, nichts drin. Und Nebenabreden waren, so steht es am Ende des Kleingedruckten auf der Rückseite, «nicht getroffen», alles bedurfte danach der Schriftform. Die Blätter mit den handschriftlichen Illustrationen hatte Frau P., sagt mein Bekannter, nach Unterzeichnung des Vetrages eingesammelt und mitgenommen. Die habe sie «für die Optimierung der Kampagne» gebraucht, erzählt er.

Na denn. Gut, dass das alles so nicht passiert ist. Wo doch auch nichts zu beweisen wäre. Darum behauptet mein Bekannter auch, dass er das alles erfunden habe, um auch eine Geschichte zum Thema «Euroweb» erzählen zu können.

2 Kommentare

  1. Ich habe das gleiche Problem. Nur Blitzbesuche aber keine echten Interessenten.
    90% der Anrufer schauen nur 0 bis 5 Sekunden lang meine Webseite an. Einmal hat einer 30 Minuten lang meine Eingangsseite angeschaut, Wahnsinn. Ich habe noch ein weiteres mit den Aufrufen der Leute, das ich aber momentan noch nicht öffentlich verbreiten will. Man müsste mal mit einem Programmierspezialisten darüber sprechen.

  2. Ich habe die gleiche Erfahrung mit den VISCOMP-Profis gemacht.
    Die „Besucher“ sind meistens zwischen 8:00 und 10:00 Uhr gekommen
    auch Samstags,Sonntags und Feiertags und sind nur 1 -2 Sekunden geblieben habn aber 10 Seiten gelesen!!!!

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