Kommentar: Wikileaks, das Bankgeheimnis und schweizerische Doppelmoral

Strafvereitelung wird gebilligt, Geheimnisverrat bestraft

Der schweizerische Ex-Banker Rudolf Elmer ist sicherlich kein Robin Hood. Sowohl scheinen seine Motive, CDs mit Daten von Steuersündern an Wikileaks weiterzugeben, nicht besonders lauter zu sein, als auch die Art, wie er die letzte Übergabe öffentlich zelebrierte, ganz im Gegenteil die Vermutung zulässt, dass Rachegelüste und Geltungsdrang eine Rolle spielen.

Das Bezirksgericht Zürich verurteilte am Mittwoch den 55-jährigen Ex-Mitarbeiter der Bank Julius Bär wegen Drohung, mehrfacher versuchter Nötigung und mehrfacher Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer eher symbolischen Geldstrafe von umgerechnet rund 5 600 Euro – und das für zwei Jahre «auf Probe». Vor allem die Drohungen, die Elmer gegen frühere Arbeitskollegen ausgesprochen haben soll, passen so gar nicht zum Image des im öffentlichen Interesse agierenden Whistleblowers, das er sich gern verpassen möchte.

Am Mittwochabend dann wurde Elmer erneut verhaftet. Wegen der Übergabe zweier Daten-CDs an Wikileaks soll ein neues Strafverfahren eröffnet werden. Der Vorwurf: Verdacht auf Verletzung des Bankengesetzes.

So weit, so gut. Allerdings stellt sich die Frage, wie es zu beurteilen ist, dass in der Schweiz all jene vor Strafverfolgung geschützt sind, die unter dem Schutzschirm des Bankgeheimnisses ihre oftmals recht schmutzigen Geschäfte betreiben, Beihilfe zur Steuerhinterziehung in anderen Ländern leisten, es ermöglichen, dass Despoten, Diktatoren, Korrupte, Gangster und Steuerhinterzieher aus der ganzen Welt ihre unrechtmäßig erworbenen Millionen bei schweizerischen Banken gefahrlos verstecken können – während diejenigen, die solches aufdecken, von der Justiz verfolgt werden.

Das Bankgeheimnis hat in der Schweiz immer noch einen höheren Stellenwert als die Entlarvung Krimineller, seine Abschaffung würde vermutlich das Wirtschaftssystem der Schweiz gehörig durcheinander wirbeln, ihm womöglich sogar eine wesentliche Grundlage entziehen. Und so entsteht der Eindruck, dass hier, mitten in Europa, ein Land mit seiner kompletten Geldwirtschaft von Vertuschung und Vernebelung abhängt. Die Schweiz könnte das ändern, wenn sie ihre Bestimmungen zum Bankgeheimnis denen der Nachbarländer angleicht. Die Angst vor den Folgen einer befürchteten Kapitalflucht wird das wohl so lange es irgendwie geht hinauszögern – egal, wie verwerflich der gemeine Steuerzahler in Deutschland und anderswo das auch finden mag.

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