Eine Lüge ist eine Lüge – und keine Meinung

Wahrheit und Lüge

Die Wahrheit hat es schwer - Bild von John Hain auf Pixabay

Noch-US-Präsident Donald Trump ist seinen Lieblings-Lautsprecher los: Twitter hat ihn gesperrt. Und auch bei Facebook und YouTube kann er keine weiteren Lügen verbreiten. Das kam spät, genau genommen zu spät.

Amerikanische Journalisten haben nachgezählt und fanden bis zum Herbst letzten Jahres über 20.000 Lügen, mit denen Trump die USA und den Rest der Welt in den letzten Jahren bombardiert hat. Danach kamen noch etliche dazu, nicht nur zur Corona-Pandemie, sondern vor allem auch in Bezug auf die Präsidentschaftswahl vom 3. November 2020. Unerschütterlich behauptet Trump, die Wahlen seien von den Demokraten manipuliert und er um den deutlichen Wahlsieg betrogen worden.

Das Ganze eskalierte am 6. Januar, als ein mehrere tausend Trump-Anhänger starker Mob das Kapitol in Washington stürmte und fünf Menschen starben, nachdem Trump zuvor auf einer Veranstaltung nur wenige hundert Meter vorm Kapitol entfernt seine Anhänger genau dazu angestachelt hatte. Gerade hat der Kongress ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Trump auf den Weg gebracht.

Dieses Impeachment wird es wohl sein, was von Trump in den Geschichtsbüchern übrig bleibt, denn es war das erste Mal, dass sich ein Präsident zum zweiten Mal einem solchen Verfahren ausgesetzt sah. Er ist nur noch wenige Tage im Amt, man wird ihn darum nicht aus dem Weißen Haus jagen. Was aber erreicht werden kann ist eine Sperre für die Übernahme von Regierungsämtern in der Zukunft. Zu befürchten ist, dass der Trumpismus dadurch nicht ausgerottet wird. Was aus der republikanischen Partei wird, steht in den Sternen; womöglich zerfällt sie in mehrere Teile, was den USA ein Mehrparteien-System bescheren könnte.

Zum Serienlüger konnte Trump werden, weil die Redefreiheit in den USA in besonders hohem Maße geschützt wird. Immer wieder ist zu lesen, dass eine abweichende Meinung der Redefreiheit unterliegt und dadurch selbst die absurdesten Verfälschungen und noch so offensichtliches Ignorieren von klaren Fakten hingenommen werden müssten.

Ist das wirklich so? Und wenn die Rechtslage dem entspricht: Warum ändert niemand die Gesetze? Auch bei uns ist es nach wie vor möglich, fast jede abstruse Idee als Behauptung in sozialen Medien zu verbreiten – von der Meinungsfreiheit gedeckt. Erst dadurch werden Verschwörungstheorien möglich, die unserer Gesellschaft großen Schaden zufügen. Komplexe Probleme werden für schlichte Gemüter leicht greifbar gemacht, die vermeintlich Schuldigen gleich mitgeliefert. Ob Impfgegner oder Corona-Leugner – alle berufen sich auf irreführende, aber leicht begreifbare Thesen, die mit der Faktenlage nichts zu tun haben, die erstunken und erlogen sind, gedeckt wiederum von der Meinungsfreiheit. Können wir es uns wirklich leisten, das Recht auf freie Meinungsäußerung auch auf die krudesten Absonderungen zerstörerischer Verschwörungs-Gehirne anzuwenden?

All jene, die es nicht richtig finden, dass irgendwelche Medien-Unternehmer darüber entscheiden, was öffentlich behauptet werden darf und was nicht, haben vollkommen recht: Das ist wirklich kein akzeptabler Zustand. Es muss darum eine gesetzliche Regelung her, am besten für die gesamte EU. Aber wem soll man denn nun genau per Gesetz den Mund verbieten? Wie soll man solch einen Maulkorb rechtsstaatlich ausgestalten? Wir brauchen dringend ein Gesetz mit exakten Merkmalen, mit denen Lüge und Wahrheit zu definieren sind. Ebenfalls zu regeln sind die Überwachung der Einhaltung der neuen Regeln und die Sanktionierung von Verstößen. Keine einfache Frage, wie ein solches Gesetz auszusehen hat. Aber es muss her. Dringend! Denn eine Lüge ist keine Meinung! Die öffentliche Debatte sollte darum schnell in Gang gesetzt werden.

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