Jeder ist so alt, wie er sich fühlt

Geisteblitz

... und da oben geht kein Licht an - Bild von Gordon Johnson auf Pixabay

Es gibt nicht viele Redewendungen mit einem ähnlichen Dämlichkeitsfaktor. Wäre ich so alt, wie ich mich fühle, wäre längst unsere Bürgermeisterin erschienen und hätte mir zum Hundertsten gratuliert.

Das bezieht sich allerdings nur auf die körperliche Befindlichkeit. Im Kopf jedoch, so dachte ich immer, stimmt noch alles. Allerdings beginnen jetzt Zweifel an mir zu nagen, was meine geistige Fitness angeht. Denn seit vor über fünf Jahren die Deutsche Rentenversicherung begonnen hat, mir jeden Monat einen kleinen Zuschuss zur Miete zu überweisen, habe ich einen gehörigen Teil der durch den Renteneintritt gewonnenen Freizeit vor dem Fernseher verbracht.

Wie man sich leicht denken kann, ist inzwischen eine erkleckliche Anzahl Filme und Serien über den Flachbildschirm geflimmert. Ich habe, wenn es um die Auswahl der Unterhaltungsprodukte geht, die es sich anzusehen lohnt, durchaus strenge Kriterien: Netflix, Maxdome, Amazon Prime, Sky Ticket und die einschlägigen Mediatheken dürfen alles für sich behalten, was aus dem letzten Jahrtausend stammt; ist mir einfach zu alt. Science Fiction, Horror, Vampire, dümmliche Action und die meisten Fantasy-Ergüsse sind auch nichts für mich.

Das verbleibende Restangebot habe ich mittlerweile so ziemlich abgegrast. Und so passiert es immer öfter, dass ich Filme oder Serien zum wiederholten Mal anzuschauen beginne, bei denen es sich um „gebrauchte“ Beiträge handelt. Natürlich stoppe ich dann sofort die Wiedergabe und halte nach etwas Neuem Ausschau, das ich noch nicht kenne.

So weit, so gut. Wären da bloß nicht die Erfahrungen der letzten zehn Tage: Sechsmal ist es mir passiert, dass die Wiedererkennung mit erheblicher Verzögerung stattfand. Über eine halbe Stunde habe ich jeweils gebraucht, bis mir dämmerte, dass ich den Inhalt bereits kannte. Ich erinnere mich, dass dieser Vorgang vor einem halben Jahr noch maximal zwei Minuten erforderte.

Da läuft also mehr als dreißig Minuten lang ein mir längst bekannter Film, und da oben geht kein Licht an. Und das nicht nur einmal, sondern gleich im halben Dutzend innerhalb weniger Tage. Grundgütiger! Nun ist es wohl so weit, dass mein Kopf den Rest vom Körper eingeholt hat.

Ich warte jetzt darauf, dass es an der Haustür klingelt. Die Bürgermeisterin wird bestimmt bald da sein.

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