Dass Männer und Frauen nicht zueinander passen, ist eine weit verbreitete Binsenweisheit. Aber stimmt sie überhaupt?
Eigentlich ist es nicht nachvollziehbar, warum sich Frauen überhaupt auf Männer einlassen. Der Durchschnittsmann scheint für ein Zusammenleben völlig ungeeignet zu sein, denn in den allermeisten Fällen sind schlechte Angewohnheiten und Verhaltensweisen kennzeichnend. Ist er in der ersten Zeit des Verliebtseins noch verhältnismäßig zurückhaltend, legt sich das spätestens nach der Eheließung, wenn er sein Rülpsen und Furzen gar nicht mehr zu kaschieren versucht und es deutlicher Hinweise seitens der Gemahlin bedarf, um ihn zu die körperliche Hygiene betreffenden Maßnahmen zu animieren. Das allerdings musste schon seine Mutter tun, als er elf war. Es wiederholt sich nun alles während der Ehe.
Natürlich gibt es auch andere Fälle. Aber man darf gewiss sein, dass es die Angetraute dann auch mit anderen Marotten zu tun bekommt. Besonders wenn die Ehe die Zeit überdauert und er älter geworden ist. Hat er es zu etwas gebracht im Leben, kauft er sich, vermutlich am Ende seiner Fünziger, einen Porsche. Wenn nicht, guckt er sich alle Action-Serien bei Netflix rauf und runter an. Und zwar immer dann, wenn gerade kein Fußball läuft.
Wird er noch älter, verlässt das Testosteron langsam seinen Körper, und Östrogene halten dort Einzug. Seine zunehmende Verweichlichung findet ihren Ausdruck unter anderem darin, dass er bei Netflix den Suchbegriff in „Romantische Filme und Serien“ ändert. Allerdings startet er die Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen immer erst dann, wenn seine Frau schon schlafen gegangen ist, damit diese seiner emotionalen Entmannung nicht beiwohnen muss und nicht mitbekommt, wie ihm Tränen über das Gesicht laufen.
Apropos: Abweichende Zubettgehzeiten sind durchaus ein Merkmal dieser Entwicklung, denn die zwischengeschlechtlichen Aktivitäten der Eheleute entwickeln sich oftmals durchaus rückläufig. Das ist nicht weiter schlimm, denn der Fortpflanzung können sie eh nicht mehr dienen, nachdem sie ja das Klimakterium bereits erreicht hat und er seit Jahrzehnten nicht mehr beim Arzt war, somit also nicht mitbekommen hat, dass seine Prostata inzwischen ein Eigenleben entwickelt hat.
Das erfährt er erst, wenn sie ihn unter Androhung von Nahrungsentzug (also Küchenstreik) zum Urologen schleppt. Und dann ist er heilfroh, wenn er nach der OP noch kontrolliert pinkeln kann – von allem anderen einmal abgesehen.
Wenn Männer sich in den Mittdreißigern befinden, mögen sie Frauen Ende zwanzig. Sind diese Männer doppelt so alt, ist das immer noch so. Das Problem: Attraktive achtundzwanzigjährige Frauen interessieren sich für akttraktive, erfolgreiche Männer Mitte dreißig. Unser verheirateter Endsechziger ist also treu, ob er will oder nicht. Vor allem dann, wenn er Netflix guckt. Bestenfalls wenn er der Porschefahrer ist, könnte er sich noch gewisse Chancen ausrechnen. Aber für die Objekte seiner Begierde haben reifere Männer ganz konkrete Idealmaße: 90 – 50 – 40. Das heißt: Neunzig Jahre alt, fünfzig Millionen schwer und vierzig Grad Fieber.
Alles in allem scheint es angesichts dieser Zusammenfassung schwer zu verstehen, warum Frauen sich überhaupt mit Männern belasten. Das ist aber nur auf den ersten Blick so. Denn Frauen wissen in jungen Jahren noch gar nicht, was ihnen blüht, wenn sie sich auf eine Heirat oder auch nur auf ein dauerhaftes Zusammenleben einlassen. Sie könnten es sehen, wenn sie ihre Eltern, speziell ihren Vater, aus neutralem Blickwinkel beobachten würden. Das ist aber nicht möglich, weil die meisten Mädchen ihren Vater vergöttern.
Und so landen sie unweigerlich bei einem Spiegelbild ihres eigenen Erzeugers. Das merken sie allerdings schon deshalb nicht, weil ihr Mann ja so viel anders ist als ihr Vater. Aber später wird er ein Netflix-Abo abschließen. Im ungünstigeren Fall kauft er sich einen Porsche und sucht so lange, bis er eine langbeinige Beifahrerin gefunden hat, die noch keine dreißig ist.
Die nicht mehr taufrische Ehefrau wird dann irgendwann plastische Chirurgen googeln, egal, ob sie den Porsche-Fahrer erwischt hat oder den Netflix-Abonnenten. Inzwischen wimmelt es von maskenhaften Altweibergesichtern mit Lippen wie Fahrradreifen. Brustvergrößerungen und Fettabsaugungen sieht man erst auf den zweiten Blick. Es muss offenbar Männer geben, die von so etwas angezogen werden.
Sie tut eigentlich alles, was sie nach ihrer Ansicht attraktiver macht. Warum sie die plastische Chirurgie dafür bemüht, wo es doch so viele Beispiele für deren Misslingen gibt? Das muss man sie wohl selbst fragen. Auf jeden Fall fühlt sie sich genötigt, sich mit dem Mann zu arrangieren (zumindest dann, wenn er der Netflix-Gucker ist). Und sie macht das Beste daraus.
Dazu gehört, dass sie Gespräche mit ihm führen möchte. Nicht gerade über das Wetter, aber doch vorzugsweise über unverfängliche Themen. Weil sie nichts von Fußball versteht, macht sie Bekannte und Verwandte zu Gesprächsthemen, vor allem, weil sie ohnehin gern etwas lästert. Es macht eigentlich nichts, dass ihn das absolut nicht interessiert. Und nachdem sie von dem unmöglichen neuen Freund ihrer Kusine Annegret erzählt hat, antwortet er mit einer Einschätzung der Fähigkeiten des neuen Schalke-Trainers. Sie streiten sich also so gut wie nie.
Und das macht es doch mehr als deutlich: Ein friedvolles Zusammenleben von Frauen und Männern ist durchaus möglich. Ein wenig guter Wille, ein Netflix-Abo und eine Kusine sind die Garantie für ein erfülltes gemeinsames Dasein.