Verteidigungsminister durch diverse Affären selbst in der Defensive – Zweifelhaftes Krisenmanagement
Viersen (OPEN REPORT-kpl). Mit Affären muss in der Bundeswehr immer gerechnet werden. Darum muss ein Verteidigungsminister in der Lage sein, mit ihnen umzugehen.
Ob Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) das wirklich kann, darf inzwischen bezweifelt werden. Schon sein Handling der Vorfälle um die Bombardierung des in Afghanistan entführten Tanklastzuges nährten derartigen Argwohn, als zu Guttenberg Staatssekretär Peter Wichert und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan entließ, weil er sich nicht ausreichend informiert fühlte.
Und auch im Fall des nach dem Tod einer Kadettin und Bekanntwerden zweifelhafter Ausbildungsformen auf dem Segelschulschiff der Deutschen Marine vorläufig seines Amtes enthobenen Gorch-Fock-Kapitäns Norbert Schatz macht er keine gute Figur. Erklärte er noch an einem Tag, keine vorschnelle Entscheidung treffen zu wollen, tat er am nächsten genau das, enthob den Kapitän seines Amtes, bevor dieser Gelegenheit hatte, zu irgendwelchen Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Eine große Rolle spielt bei all dem die Berichterstattung in verschiedenen Organen der Boulevard- und Regenbogenpresse sowie des Privatfernsehens. Vor allem die «Bild»-Zeitung hat intensiv mitgeholfen, zu Guttenberg zu dem «Liebling der Nation» zu machen, der er inzwischen ist. Ein Millionenpublikum mit eher eingeschränkter Aufnahmekapazität und Vorlieben für große Buchstaben und kurze Texte übernahm offenbar gern die von «Bild» massiv verbreiteten zu-Guttenberg-Huldigungen für die Bildung der eigenen Meinung – ganz wie vom Verlag gewünscht.
Zu Guttenberg selbst nannte als einen Grund für seine Handlungsweise im Fall der Gorch Fock den «starken Mediendruck», dem er sich ausgesetzt war. Anzunehmen ist, dass auch hier wieder die «&»-Zeitung eine entscheidende Rolle spielte. Denn die hatte tagelang ihre Lesarschaft über Missstände auf dem Marine-Schulschiff auf dem Laufenden gehalten – und damit offensichtlich einen massiven Druck auf den Minister ausgeübt.
Für zu Guttenberg kann es Schlimmeres kaum geben, als es sich mit dem Blatt zu verscherzen. Und so reagierte er denn auch ausgesprochen dünnhäutig auf die Befragung durch den Bundeswehrausschuss des Deutschen Bundestages. Dem attestierte er eine mangelhafte Qualität der Fragen. Im Bundestag empfahl er den Abgeordneten, die von ihm Antworten auf ihre Fragen verlangten, «besser Zeitung zu lesen».
Derlei Unverschämtheiten möchten sich nun selbst eigene Gefolgsleute aus der Regierungskoalition nicht mehr gefallen lassen. Und das könnte wirklich gefährlich werden für den vom Erfolg verwöhnten Minister, dessen Image bei seinen Fans irgendwo zwischen Pop-Star, Messias und Kaiser von Deutschland angesiedelt ist, die ihn aber zumindest für den nächsten Bundeskanzler halten. Gerade ihm gern zugeschriebene Eigenschaften wie Souveränität, Eloquenz und Charme sind ihm in der Krise völlig abhanden gekommen. Was er jetzt ablieferte, zwingt ihn selbst in die Verteidigung. Eigentlich sein Fachressort, aber schon zu Friedenszeiten hat er damit große Probleme.
Verliert er nun die Bodenhaftung auch noch in der Koalition, dann wird es eng. Irgendwann schwenkt vielleicht sogar die «&»-Zeitung um und stellt Fragen nach der Rechtmäßigkeit seines Vorgehens in den verschiedenen Fällen, danach, ob er nur allzu leichtfertig Schaden von seinem eigenen Ruf abzuwenden trachtet, zu Lasten der Reputation von bis dahin völlig Unbescholtenen. Was ja im Übrigen gewiss nichts mehr mit Führungsstärke zu tun hat, sondern schlichten Machtmissbrauch darstellt.
Und was macht die Kanzlerin? Angela Merkel (CDU) wartet ab, wohin der Wind denn schließlich wehen wird. Wie immer. Erholt sich zu Guttenberg, dann hat sie mit gelegentlich erzeugten Solidaritäts-Sprechblasen nichts falsch gemacht. Wenn nicht, dann kann sie ihren überproportional aufgeblähten Freiherrn auf Normalformat zurückschrumpfen. Oder gleich ganz entsorgen.
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