Piraten entern liberale Themen

Nach dem spektakulären Erfolg in Berlin kündigt die Ein-Thema-Partei mehr Vielfalt an

Viersen (OPEN REPORT-kpl). Es erinnerte schon einiges an den Start der Grünen Anfang der 1980er Jahre: Von der Politkonkurrenz mild belächelt, keineswegs ernst genommen, oft gar ignoriert, schlichen sie sich vorsichtig heran, um jetzt mächtig aufzutrumpfen. Der gestrige Erfolg der Piratenpartei schlug ein wie eine Bombe. Ihre Stimmen räuberten die Piraten übrigens in allen politischen Lagern, am meisten bei den Grünen, und sie mobilisierten nach ersten Berechnungen mehr als 20 000 Nichtwähler, bewirkten damit auch einen Anstieg der Wahlbeteiligung gegenüber der letzten Landtagswahl in Berlin.

Senstionelle 8,9 Prozent, aus dem Stand geraus, hatten auch die Piraten selbst nicht erwartet. Denn mit fünfzehn Kandiaten hatten sie gerade eben mal so viele aufgestellt, wie jetzt in das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt wurden. Das wird ihnen sicher nicht noch einmal passieren.

Dabei war die Piratenpartei bislang wirklich nicht als ernsthafte politische Macht wahrzunehmen. Das lag vor allem daran, dass sie sich auf reine Internet-Themen beschränkte wie Datenschutz, Urheberrechts- oder Patenrechtreformen. Nach dem fulminanten Erfolg von gestern soll das anders werden.

Die Piraten, deren Personal bei den meisten Bundesbürgern noch recht unbekannt ist, kündigten an, einen neuen Politikstil einführen zu wollen. Sie wollen sich auch für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen und werben für größere Transparenz. Wie weiland die Grünen, sprechen sie vor allem junge Wähler an. Gerade den Jungwählern sind Dinge wie eine Aufweichung des Urheberschutzes für Online-Inhalte oder eine DRM-Reform (Digitale Rechteverwaltung) wichtig.

Wer in den Piraten nur eine vorübergehende Zeiterscheinung sieht, unterliegt vermutlich einem Irrtum. Denn den Piraten werden von ihren Anhängern Eigenschaften zugeschrieben, die den etablierten Parteien nach Meinung vieler anscheinend abhanden gekommen sind, wie Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit oder auch Frische. Wie gesagt, alles sieht aus nach einem dunkelgrünen Déjà-vu.

Es ist den Piraten durchaus zuzutrauen, sich auch in weiteren Landtagen festzusetzen, bei den nächsten Bundestagswahlen erfolgreich zu sein, dadurch vielleicht sogar der FDP dazu zu verhelfen, ihr Wahlergebnis demnächst öfter aus der Spalte „Andere“ extrahieren zu müssen. Das setzt allerdings voraus, dass die neue Partei auch für die etwas Älteren wählbar wird, was wiederum eindeutige Positionierungen in allen wichtigen Politikbereichen unabdingbar macht. Lassen wir uns überraschen.

 

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1 Kommentar

  1. Irgendwie war das ja klar: Keiner schafft es besser die FDP ins unbedeutsame zu katapultieren, als die FDP selber. Eigentlich kann man Rösler und Guido nur gratulieren – weiter so! Ein wenig schade finde ich, dass die Grünen dann doch nicht so weit gekommen sind, wie sie wollten. Sicherlich trägt auch Frau Künast Schuld daran. Die neue Partei der Freiheit sind nun wohl die Piraten.

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